Nachmieter / vorzeitige Rückgabe

Beispiel

X will per Ende März 2009 mit der Y zusammenziehen. Als er seinen Mietvertrag durchsieht, bemerkt er, dass dieser frühestens per Ende September 2009 kündbar ist. X will trotzdem per Ende März 2009 bei der Y einziehen.

Damit X nicht bis Ende September 2009 für die Mietzinse aufkommen muss, sieht das Gesetz die Möglichkeit einer vorzeitigen Rückgabe des Mietobjektes vor. In diesem Fall muss aber grundsätzlich der Mieter für den Nachmieter besorgt sein.

 

Vorzeitige Rückgabe (OR 264)

 

 

Grundsätzlich haftet der Mieter bei vorzeitiger Rückgabe für die Mietzinse bis zum nächsten Kündigungstermin resp. Ablauf des befristeten Mietverhältnisses

Er wird von seiner Haftung befreit, wenn

  • er die Sache zurück gibt, ohne Kündigungsfristen oder -termine einzuhalten
    • Mieter muss gegenüber dem Vermieter klar zum Ausdruck bringen, dass er das Mietobjekt zurückgeben will
    • Vermieter darf sich der Rückgabe des Mietobjektes nicht widersetzen
    • teilweise Rückgabe ist nicht zulässig
    • Mieter gibt das Mietobjekt tatsächlich zurück (Schlüssel müssen beim Vermieter sein)
  • er dem Vermieter einen zumutbaren Ersatzmieter vorschlägt
    • Ersatzmieter muss zahlungsfähig sein (Miete sollte maximal 1/3 seines Nettoeinkommens entsprechen)
    • mögliche andere Kriterien: kein Konkurrent des Vermieters, entspricht der restlichen Zusammensetzung der Mieterschaft, entspricht Genossenschaftskriterien, etc.
    • unzulässige Kriterien: allgemeine negative Einstellung gegenüber Ausländern, unbestimmte Befürchtungen, etc.
  • der Ersatzmieter bereit ist, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen
    • Bereitschaft gleichen Mietzins zu bezahlen
    • will der Vermieter andere Bedingungen durchsetzen, ist der Mieter von seiner Haftung befreit
  • der Vermieter länger als die Regeldauer von einem Monat hat, um den Ersatzmieter zu prüfen
    • Mieter resp. Ersatzmieter hat dabei die notwendigen Unterlagen zu liefern
  • der Vermieter ohne triftigen Grund einen zumutbaren Ersatzmieter ausschlägt

Haftet der Mieter für die Mietzinse, trifft den Vermieter eine Schadenminderungspflicht

  • Vermieter muss sich, sobald für ihn erkennbar ist, dass der Mieter keinen Nachmieter sucht, selber um einen solchen bemühen
  • durchschnittlich einmal pro Monat ein Inserat erscheinen lassen genügt (Insertionskosten können dem Mieter überwälzt werden)
  • vertraglich vereinbarte Unkostenbeiträge bei vorzeitiger Rückgabe sind unzulässig

Zusätzlich hat der Vermieter sich ersparte Auslagen oder Vorteile aufgrund der vorzeitigen Rückgabe anrechnen zu lassen

  • Betriebskosten die nicht mehr anfallen
  • Mehrmietzinse, welche aufgrund einer neuen Vermietung entstehen (bis zum nächsten Kündigungstermin)
  • keine Haftung des Mieters für die Zeit, in welcher der Vermieter die Sache Instand stellt (ausser die Instandstellungsarbeiten sind auf das Verhalten des Mieters zurückzuführen)

Vorgehensweise bei vorzeitiger Rückgabe (Zusammenfassung):

  1. Eingeschriebener Brief an Vermieter betr. vorzeitige Rückgabe des Mietobjektes
  2. Suche nach Ersatzmietern (Inserate in Zeitungen und Website Homegate,  Mund-zu-Mund Propaganda)
  3. Besichtigung der Wohnung durch allfällige Ersatzmieter
  4. Aufnahme der Personalien der Ersatzmieter (inkl. Telefonnummer); evtl. Betreibungsregisterauszug verlangen
  5. Evtl. zweites Schreiben an Vermieterschaft
  6. Nachfrage bei Vermieterschaft nach ca. zwei Wochen

Nach der Mitteilung betr. vorzeitige Rückgabe des Mietobjektes

 

Besichtigungsrecht des Vermieters

Mieter muss Vermieter gestatten, die Mietsache zu besichtigen, soweit dies für die Wiedervermietung nötig ist (OR 257h Abs. 2)

  • nur wenn das Mietverhältnis gekündigt wurde oder Befristung kurz vor Ablauf steht
  • muss rechtzeitig angekündigt werden
  • wird meistens in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen konkretisiert (vgl. z.B. Ziffer 12 der „Allgemeinen Bedingungen zum Zürcher Mietvertrag für Wohnräume“ des HEV Zürich, SVIT Sektion Zürich und VZI)
  • Vermieter darf ohne Zustimmung des Mieters das Mietobjekt nicht betreten (er macht sich sonst unter Umständen strafbar, vgl. StGB 186); verweigert der Mieter die Zustimmung zur Besichtigung ohne triftigen Grund, wird er schadenersatzpflichtig

Zeitpunkt der Rückgabe

  • spätestens am letzten Tag der Mietdauer (fällt dieser Tag auf einen Sonntag oder Feiertag, findet die Rückgabe am darauffolgenden Werktag statt)
  • andere vertragliche Regelung ist möglich
  • wird ebenfalls oft in den Allgemeinen Bedingungen konkretisiert (vgl. Ziffer 18 der erwähnten AGB)

Zustand der Mietsache bei Rückgabe

  • in dem Zustand, in welchem die Mietsache bei Mietantritt übergeben wurde
    • wenn gereinigt übergeben, auch gereinigt zurück
    • geräumt
  • normale, durch den vertragsgemässen Gebrauch entstandene Abnutzung ist zulässig
    • kleine Ausbesserungen gemäss OR 259 durchgeführt
      • verunreinigte Dampfabzugsfilter müssen ersetzt werden
      • zerbrochene Fensterscheiben müssen ersetzt werden
      • weitere kleine Reparaturen (z.B. abgebrochenes Türchen des Tiefkühlfaches im Kühlschrank u.ä.) müssen durchgeführt werden
    • Beispiele für Abnutzungen infolge vertragsgemässen Gebrauch:
      • Spuren von Möbel am Boden
      • Spuren von Bildern an der Wand
      • fachgerecht zugespachtelte Dübellöcher in der Wand
      • kleine Kratzer im Parkett
  • grundsätzlich ist der Mieter nicht zu Erneuerungs- oder Änderungsarbeiten (d.h. Arbeiten, welche in die Substanz der Mietsache eingreifen) an der Mietsache berechtigt
  • Mieter darf Mietsache nur erneuern oder verändern, wenn der Vermieter schriftlich zugestimmt hat
    • Zustimmung kann vor, während oder nach den Arbeiten erfolgen
    • fehlt die Zustimmung, muss der Mieter spätestens bei Mietende den ursprünglichen Zustand wiederherstellen
  • hat der Vermieter schriftlich zugestimmt und weist die Mietsache durch die Arbeiten einen erheblichen Mehrwert auf, kann der Mieter eine entsprechende Entschädigung verlangen
    • fehlt die schriftliche Zustimmung, schuldet der Vermieter keine Entschädigung, auch wenn er auf die Wiederherstellung verzichtet
    • die Berufung des Vermieters auf die fehlende schriftliche Zustimmung kann rechtsmissbräuchlich sein

Die Rückgabe des Mietobjektes – Vorgehen

 

1. Vermieter hat bei Rückgabe der Sache deren Zustand zu prüfen

  • Mängelprotokoll (sog. Abnahmeprotokoll)
    • Feststellung des Zustandes der Mietsache
    • Anwesenheit beider Parteien
      • ist Mieter nicht anwesend sind Zeugen beizuziehen
      • empfehlenswert ist die Aufnahme eines amtlichen Befundes; im Kanton Zürich ist dazu der Gemeinde-resp. Stadtammann zuständig 
    • wird das Protokoll von beiden Parteien unterzeichnet, hat es Beweisfunktion
      • ist Mieter nicht einverstanden mit Protokoll: nicht unterzeichnen oder Vorbehalt anbringen
      • Protokoll ist für Vermieter bindend, d.h. er kann neben den im Protokoll verzeichneten Mängel zusätzlich nur sog. versteckte Mängel geltend machen
  • Mängelrüge
    • der Vermieter hat die Mängel, für welche der Mieter einzustehen hat, sofort nach Rückgabe resp. Prüfung der Mietsache diesem zu melden
    • das Abnahmeprotokoll kann als Mängelrüge dienen, wenn darin festgehalten wird, für welche Mängel der Mieter einzustehen hat; pauschale Verweise genügen nicht
    • „sofort“ heisst innert Tagen (maximal 2-3 Tage)
    • versteckte Mängel müssen „sofort“ nach Entdeckung gemeldet werden
    • versäumt der Vermieter die rechtzeitige Mängelrüge verwirkt er dadurch seine Schadenersatzansprüche (OR 267a Abs . 2)

2. Der Vermieter hat die sog. Schlussabrechnung zu erstellen; folgende Kosten können zu Lasten des Mieters abgerechnet werden

  • Kosten für Rückbau resp. Instandstellung von nicht bewilligten Erneuerungs- oder Änderungsarbeiten durch den Mieter (OR 269a, vgl. oben);
  • Kosten für Beschädigungen, welche auf vertragswidrigen Gebrauch zurückzuführen sind
    • Mieter haftet für den Zustandswert der beschädigten Sache
      • vgl. sog. „paritätische Lebensdauertabelle“
    • Reparaturkosten gehen vollumfänglich zu Lasten des Mieters; übersteigen diese die Neuanschaffungskosten, hat der Mieter den Zustandswert zu bezahlen
    • bei Bagatellschäden und ästhetischen Beeinträchtigungen, deren Behebung unverhältnismässig hohe Kosten verursacht, schuldet der Mieter bloss den Minderwert
    • Vermieter hat zu beweisen
      • dass Beschädigungen bei Rückgabe vorhanden waren (Rückgabeprotokoll)
      • dass Beschädigungen nicht bei Mietantritt vorhanden waren (Antrittsprotokoll)
      • wie hoch die dadurch entstandenen Kosten sind (Handwerkerrechnungen)
    • Mieter haftet nicht, wenn er beweist, dass ihn am entstandenen Schaden kein Verschulden trifft (OR 97)
      • keine Haftung bei Beschädigung infolge Zufall oder höherer Gewalt
      • keine Haftung bei Beschädigungen durch Dritte (ausser der Mieter hat für diese einzustehen, z.B. Familienmitglieder, Untermieter, eigene Haustiere)

3. Sinnvollerweise werden noch folgende Punkte in die Schlussabrechnung integriert:

  • offene Mietzinsforderungen
  • Schadenersatzforderungen aufgrund vorzeitiger Rückgabe gemäss OR 264 (z.B. Insertionskosten)
  • geleistete Sicherheit (Depot, Kaution)
    • vgl. OR 257e